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Zytostatika-Abgabe im Krankenhaus umsatzsteuerfrei? - EuGH-Vorlage durch den BFH

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 15. Mai 2012 (V R 19/11 im Nachgang zum Urteil des FG Münster vom 12. Mai 2011, Az. 5 K 435/09) ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet. Dabei soll der EuGH klären, ob die Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheken bei ambulanten Behandlungen in Krankenhäusern umsatzsteuerfrei ist. Die Finanzverwaltung sieht nur die ambulante Behandlung selbst, nicht aber auch die Lieferung der hierfür benötigten Medikamente als steuerfrei an. Unstrittig umsatzsteuerfrei hingegen ist die Lieferung von Zytostatika bei stationären Behandlungen.

10.08.2012

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH ein Krankenhaus. Sie verfügte über eine Institutsermächtigung gemäß § 116a SGB V, aufgrund der sie berechtigt ist, neben den stationären Behandlungen auch ambulante Behandlungen durchzuführen. Die ambulanten Behandlungen wurden darüber hinaus auch durch angestellte Krankenhausärzte durchgeführt, die dabei gemäß § 116 SGB V aufgrund einer persönlichen Ermächtigung tätig waren.

Die im Rahmen der Chemotherapie an Krebspatienten verabreichten Zytostatika wurden in der vom Krankenhausträger betriebenen Krankenhausapotheke nach ärztlicher Verordnung individuell für den jeweiligen Patienten hergestellt. Die Klägerin behandelte die Abgabe der in ihrer Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika für stationäre als auch für ambulante Fälle umsatzsteuerfrei.

Das Finanzamt war hingegen aufgrund einer Neuregelung in Abschnitt 100 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 der Auffassung, dass die entgeltliche Abgabe von Medikamenten für Tumorpatienten bei ambulanten Behandlungen ab 2005 umsatzsteuerpflichtig ist.

Das FG Münster hat mit Urteil vom 12. Mai 2011 zu Gunsten der Klägerin entschieden. Das Gericht kam in beiden Fällen (ambulante Behandlungen durch das Krankenhaus selbst sowie durch angestellte Krankenhausärzte) zu dem Schluss, dass die Abgabe von Zytostatika im Rahmen ambulanter Krebstherapien an Patienten unter § 4 Nr. 16 Buchstabe b) UStG a.F. fällt. Danach sind die mit dem Betrieb der Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze steuerfrei.

Gegen das Urteil des FG Münster hat das beklagte Finanzamt Revision eingelegt. Der BFH hat mit Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2012 das Urteil des FG Münster bestätigt. In der daraufhin für den 15. Mai 2012 angesetzten mündlichen Verhandlung vor dem BFH wurde die Vorlage an den EuGH beschlossen.

Der EuGH soll nunmehr bestehende Auslegungszweifel klären, die nach Ansicht des BFH im Wesentlichen darin bestehen, das nicht hinreichend geklärt ist, inwieweit es sich bei dem Begriff des mit einer Krankenhausbehandlung eng verbundenen Umsatzes i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG ausschließlich um eine Dienstleistung handelt oder ob auch eine Lieferung ein eng verbundener Umsatz sein kann.

Weiterhin ist zu entscheiden, ob die fraglichen Leistungen durch ein und demselben Steuerpflichtigen erbracht werden müssen und ob darüber hinaus auch weiterhin eine mögliche Steuerfreiheit gegeben ist, wenn die ambulante Heilbehandlung außerhalb von Krankenhäusern stattfindet.

Sofern der EuGH entscheiden sollte, dass auch eine Lieferung ein mit einer Krankenhausbehandlung eng verbundener Umsatz (Nebenleistung) sein kann und die übrigen Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit erfüllt sind, können die Umsätze aus der Lieferung von Zytostatika zukünftig unter Berufung auf das EU-Recht als umsatzsteuerfrei behandelt werden.

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